Attributional Retraining

als Lösung gegen die Prüfungsangst?

von Nadine Bauer, Marina Gärtner, Nadine Krautzer und Markus Gratzer (Seminar Wise Interventions)

Du sitzt gerade vor deinen Uni- oder Schulsachen und willst lernen? Doch mal wieder plagen dich deine Ängste? Sätze wie „Ich schaff das doch eh nicht“, „Ich werd wieder durchfallen“, und „Egal wie viel ich lerne, ich werd bestimmt nicht gut sein“ sind deine täglichen Begleiter? Dann bist du hier genau richtig.

Wichtig ist auch erstmal zu wissen, dass du damit nicht allein bist. Jede:r zweite Schüler:in leidet unter Prüfungsangst. Dass nicht immer die eigenen Fähigkeiten der Grund für das „Versagen“ sind, wird hier nur selten in Betracht gezogen. Die Ursachen dafür sind allerdings vielseitig. Schlechte Erfahrungen in vorangegangenen Prüfungssituationen, überzogene Erwartungen an sich selbst oder durch das soziale Umfeld, finanzielle Faktoren und/ oder eine schlechte bzw. falsche Vorbereitung. Doch all diese Ursachen haben das gleiche zur Folge: eine negative Einstellung zu Prüfungen. Und diese wiederum führt zur besagten „Prüfungsangst“. Doch was genau ist damit überhaupt gemeint? Die Prüfungsangst (engl. test anxiety) ist eine Angst vor der Bewertung der persönlichen Leistung, die den/die Betroffene*n daran hindern kann, sein/ihr Wissen bei einer Prüfung unter Beweis zu stellen. Abhilfe können bei solchen Prüfungsproblemen einfache Interventionen schaffen, die weder viel Zeit noch viel Aufwand beanspruchen. In diesem Blog erfährst du, wie du mit ganz einfachen Mitteln dieses Problem reduzieren kannst und dabei gleichzeitig noch deine Noten verbessern kannst.

Theoretischer Hintergrund

Die Basis für die Hilfestellungen, die in dem Blog vorgestellt werden, bildet das Attributional Retraining. Das vorrangige Ziel hierbei ist, Motivation zu steigern und akademische Leistungen zu fördern. In nur wenigen Schritten sollen Gedanken, die die eigenen Fähigkeiten in Frage stellen, durch hilfreichere Gedanken ersetzt werden. Es soll nicht mehr die eigene Person als Problem angesehen, sondern veränderbare Erklärungen für Prüfungsangst gefunden werden.
Seinen Ursprung findet das Attributional Retraining in der Attributionstheorie nach Heider und Weiner. Fritz Heider wurde bereits damals klar, dass die Art und Weise, wie wir uns bestimmte Dinge erklären, unser Verhalten beeinflusst und bestimmt. Meistens ist nicht die Realität selbst der Auslöser für Verhalten, sondern lediglich das, was wir für wahr halten. Generell suchen wir immer nach Ursachen, die unser Verhalten erklären können. Genau hier setzt die Intervention bereits an: Das AR soll weniger hilfreiche Erklärungen („Ich bin zu dumm, um Mathe zu verstehen“) durch Erklärungen ersetzen, die veränderbar sind („Ich habe eine schlechte Lerntechnik angewandt“) und somit Motivation steigern.

Abbildung von Nadine Bauer, Marina Gärtner, Nadine Krautzer und Markus Gratzer

Ein weiteres Mittel, seine Angst zu verbessern, wird in diesem Blog ebenfalls thematisiert und in der Hilfestellung berücksichtigt. Es stellt eine Form des expressiven Schreibens dar und wird später als „Writing-based Intervention“ vorgestellt. Die Basis hierfür bildet das Pennebaker-Paradigma, welches aus der Traumaforschung stammt. Die erste Studie wurde von James W. Pennebaker 1986 durchgeführt und nutzt expressives Schreiben als Coping-Strategie. Hierfür wurden Versuchsteilnehmer*innen in zwei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe schrieb über ein traumatisches Ereignis, die andere über ein neutrales Thema. Das Ganze wurde täglich für 15 min. wiederholt und es zeigte sich, dass diejenigen, die expressiv schrieben, eine signifikante Verbesserung (Symptomverbesserung, weniger Doktorbesuche) erzielten.

Intervention

So, jetzt hast du ein paar Infos zu den Ursachen deiner Prüfungsangst gelernt und wie sich deine Gedanken auf dich auswirken. Jetzt zeige ich dir wie du diese Gedanken, die zu so vielen Probleme führen können, ändern und zu deinen Gunsten nutzen kannst. Das geht ganz einfach in drei Schritten. Und du brauchst nur etwas zum Schreiben, das kann ein Blatt Papier sein oder dein Computer. Hast du alles? Dann geht es jetzt los:

1.       Erinnere dich zurück an deine vergangenen Erfahrungen mit Prüfungen und deine erzielten akademischen Leistungen. Was waren die Ursachen dafür, dass du schlecht abgeschnitten hast? Stell dir die Situationen noch einmal genau vor und überlege, was in diesen Situationen konntest du kontrollieren? Was lag in deiner Macht es zu verändern? Schreibe ein paar Beispiele auf deinen Zettel. Hast du dies gemacht geht es weiter mit Schritt 2.

2.       Du hast vorher etwas über die Attributionstheorie gelernt. Auch ein paar Beispiele für gute Gedanken und was deren Vorteile sind, hast du bekommen. Mit diesem Wissen im Hinterkopf überlege jetzt: Wie kannst du dieses Wissen in deinen Studienalltag integrieren. Wie kannst du es in der Vorbereitung auf eine Klausur nutzen? Schreib auch hier wieder ein paar Beispiele auf.

3.       Nun zum letzten und finalen Schritt. Erinnere dich an die letzte Prüfungssituation, in der du schlecht abgeschnitten hast. Bitte schreib nun genau auf wie du dich in dieser Situation gefühlt hast. Welche Emotionen sind in dir aufgetreten, wie haben sich diese angefühlt, wie hat sich dein Körper verhalten und was hatten diese Wahrnehmungen für Auswirkung auf den Ablauf dieser Situation?

Also das wars. Du hast nun deine Vergangenheit durchlebt, hast vielleicht die Erfahrung gemacht, dass so manche Situation doch nicht so schlimm und furchteinflößend war wie im ersten Moment angenommen. Du hast gesehen, dass es auch in den schlimmsten Situationen Faktoren gegeben hat, die du selbst kontrollieren konntest und du hast selbst Lösungen erarbeitet, die dir dabei helfen können, diese Angst zu bekämpfen. Somit steht deinen guten Noten nichts mehr im Weg.

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https://kops.uni-konstanz.de/bitstream/handle/123456789/498/Hall_et_al_2007.pdf;jsessionid=AEC4E68C27F2995A3029C3B9CB0B577A?sequence=1

Titelbild: Photo by Dmitry Ratushny on Unsplash