Der Advent – eigentlich eine Zeit für Aufmerksamkeit, Dazugehören, Vielversprechendes, Entspannung, Nachsicht, Träumen. Die Realität für Studierende sieht allerdings häufig anders aus: die Adventszeit fällt unter die Stichpunkte Abgehetzt, Druck, Vergeudete Zeit, Erschöpfung, Nervosität, Terminlast.
Alle Jahre wieder kommt die Torschlusspanik vor den Weihnachtsferien. Seminararbeiten müssen fertigwerden, die ein oder andere Prüfung steht an, nebenbei noch Geschenke suchen und das alles, ohne den Überblick zu verlieren.
Die Tage und Wochen vor dem Weihnachtsfest sind ohnehin jedes Jahr ein Stresstest für das studentische Nervenkostüm. In diesem Jahr gibt es zu (hoffentlich biologisch abbaubarem) Lametta und Plätzchen noch eine Prise Corona dazu. Als Lehrende an der Uni Salzburg haben wir den Eindruck, dass Studierende diesen Dezember noch “fertiger” sind als in anderen Jahren.
Überlastung und Suche nach Anschluss
In manchen Lehrveranstaltungen scheint vor Weihnachten die Luft raus zu sein. Das Jahr 2020 hat bei uns allen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Manchmal so stark, dass wir zum Teil das Gefühl haben, es sogar über Webex zu spüren. Ein Blick ins Internet verrät schnell: die Studierenden der Uni Salzburg sind damit nicht allein. Viele sehen sich mit Arbeit überhäuft und kämpfen damit, sich den ganzen Tag lang vor einen Bildschirm zu klemmen.
Der gemeinsame Gang zum Glühweinstand, Kochen und Spieleabende mit (haushaltsfremden) Freunden – all das fällt dieses Jahr ins Wasser oder ist zumindest nur eingeschränkt möglich. Wenn dann noch die berüchtigte “Zoom Fatigue” einsetzt, schaffen die virtuellen Treffen mit Freunden, Familie und Bekannten auch nur wenig Abhilfe. Ganz zu schweigen davon, wie schwierig es ist, mit bisher unbekannten Studienkolleg:innen ins Gespräch zu kommen und einfach mal so sudern zu können.
So häuft sich die Zeit, die man alleine vor dem Bildschirm verbringt und es wird zunehmend schwieriger, die Freizeit von Uni-Zeit zu trennen. Wie soll ich denn meine Füße nach einem langen Tag in der (virtuellen) Bib hochlegen können, wenn ich noch nicht mal meine WG verlassen kann? So fühlt sich die Uni mittlerweile ganz fern an – volle Hörsäle, kein Platz in der Bib und die Unipartys sind weit weg. Trotzdem ist die Uni für viele zum Lebensmittelpunkt in der Corona-Zeit geworden. Wenn abends beim Netflix schauen die 37. Mail des Tages reinkommt, wird diese eben auch noch kurz gelesen. Abschalten und auch mal Abstand gewinnen, fällt zunehmend schwerer.
Wir sind doch keine Maschinen
In diesen Tagen ist es wichtig, uns daran zu erinnern, dass wir uns in einer besonderen Situation befinden. Wir alle müssen mit teils großen Einschränkungen und Umstellungen in unserem Leben umgehen. Und die Anforderungen, die 2020 an uns stellt, erfordern einiges an Energie und Aufwand.
Deshalb hier unser Aufruf zur Besinnung in der Weihnachtszeit: Steht zu den Tiefs genauso wie zu den Hochs! Wir sind keine Effizienzmaschinen – das weiß sogar Tim Bendzko!
Das müssen wir akzeptieren – und niemand ist mit solchen Phasen alleine. Um es mit den Worten einer Wiener Bloggerin zu sagen: “Geht’s scheißn mit eurem ‘Good Vibes Only'”.
Einsicht und Sinnzuschreibung
Um zu akzeptieren, dass es auch mal schlecht laufen kann und darf, hat sich im englischsprachigen Raum der Begriff “Wise Interventions” etabliert. Etwas ungelenk übersetzt in weise Interventionen, geht es nicht um altehrwürdige spirituelle Leader, die einem den Sachverhalt erklären. Vielmehr geht es darum, die Situation zu verstehen und voller Einsicht zu erklären.
Wenn wir in Situationen Ursachen”forschung” betreiben, können negative Erfahrungen auf zwei Arten erklärt werden: entweder liegt die Ursache in der Person, oder in der Situation. Wenn wir im Vorweihnachtstief denken, dass wir vielleicht gar nicht für das Studium geeignet sind, ist das eine persönliche Zuschreibung. Aber vielleicht geht es ja vielen anderen genauso? Dann liegt die Ursache vielleicht doch am Arbeitsaufwand, der Ermüdung nach stundenlangen Online-Meetings, und dieser verdammten Pandemie?
Diese Einsicht, dass wir nicht alleine sind mit unserem Zustand, löst natürlich nicht alle Probleme mit einem Fingerschnipsen. Aber irgendwie beruhigt der Gedanke, dass Andere dieses Erlebnis teilen (zumindest geht es uns so).
Auch unsere Mentor*innen und Mentees haben uns zurückgemeldet, dass sich zwei Drittel von ihnen seit der Pandemie einsam fühlen! Ihr seid also nicht allein – und jederzeit herzlich willkommen bei unseren Gruppentreffen, auch wenn ihr keine Mentor*in oder Mentee seid. Wir organisieren das ein oder andere PubQuiz, Speeddating, Spielerunden und schaffen Räume zur Vernetzung. By the way: Unser nächstes Treffen findet bereits im Jänner statt: Folgt uns einfach auf Instagram oder Facebook, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Für all diejenigen, die das neue Jahr achtsam und ohne Hektik beginnen wollen, empfehlen wir euch Georgs und Coras Training im Jänner. Damit bleibt der Stress hoffentlich im Jahr 2020. Oder macht doch mal einen “Digital-Detox-Day” (oder gleich eine ganze Woche) …
Frohe Weihnachten wünscht das Team von PLUSTRACK!